- Artikel-Nr.: 708171
Als 1773 der junge Johann Wolfgang von Goethe mit seinem Werk 'Gottfried von Berlichingen mit der eisernen Hand, dramatisiert' vor ein begeistertes Publikum trat, war mit dem beispiellosen Erfolg dieses Sturm- und Drang-Schauspiels ein zuvor nur wenigen bekannter Reichsritter des 16. Jahrhunderts plötzlich ins Rampenlicht gerückt und zu einer der populärsten Gestalten der nationalen Vergangenheit geworden.
1980 feierten wir den 500. Geburtstag des historischen Götz von Berlichingen , der sich vom Goetheschen Freiheitshelden jedoch wesentlich unterscheidet. 1480 in Jagsthausen in eine begüterte Reichsritterfamilie geboren, verbringt er, nachdem er 'wenig lust zur schule, sondern viel mehr zu pferdten und reutterey' gezeigt hatte, von adeliger Tradition geprägte Jugend- und Lehrjahre, zunächst bei einem Onkel, dann am glänzenden Ansbacher Hof des Markgrafen Friedrich von Brandenburg. Die Teilnahme am Landshuter Erbfolgekrieg 1504 endete für ihn mit einer Katastrophe: er verliert vor Landshut seine rechte Hand, die er durch eine kunstvoll gefeierte eiserne ersetzen läßt. Dienste im Gefolge eines dunklen Ehrenmannes, des Raubritters HansThalacker von Massenbach, leiten die folgenden zehn Jahre virtuos inszenierter Fehden in eigener Regie ein (1506-1516), die Götz mit modernsten Mitteln und unter konsequenter Ausnutzung der formalen Mittel des Fehderechts als eine Art Raubunternehmer gegen so mächtige Gegner wie die Reichsstädte Köln und Nürnberg und das Erzstift Mainz führt. Sie begründen des Ritters Ruhm als verwegener 'reutersmann', bevor ihn seine Gegner im Schwäbischen Bund, Götzens Verstrickung in den Sturz seines damaligen Dienstherrn, des Herzogs Ulrich von Württemberg 1519 geschickt ausnutzend, mit harter Hand für 3 ½ Jahre in Heilbronner Gefangenschaft zur Ruhe zwingen.
Gerade freigekommen, wird Götz sein Ruf als draufgängerischer Haudegen im Bauernkrieg 1525 zum Schicksal. Von den Aufständischen zur Teilnahme gezwungen, gelingt ihm zwar kurz vor dem schrecklichen Ende der Erhebung die Flucht. Sie besiegelt aber nur sein Los: Jahre vergeblicher Verteidigung gegen die Anklagen des Schwäbischen Bunds, Gefangenschaft in Augsburg1528-1530, Prozeß und eine harte Urfehde, die den fast 50jährigen für den Rest seines Lebens auf der Markung seines Besitzes Hornberg am Neckar einschließen soll. Noch kurz vor seinem Tod aber verfaßte er – in dieser Zeit selten und deshalb bemerkenswert – als Zeugnis adeligen Selbstverständnisses, seine farbensatte Autobiographie. Sie diente als Quelle des Goetheschen Dramas, bescherte ihm den bis heute andauernden gewaltigen Nachruhm und ließ ihn zur 'meistzitierten' Gestalt der deutschen Geschichte werden. Wahrhaft volkstümlich aber wurde Götz durch jenes berühmte Zitat, das in Goethes 'Urgötz' vom Jahre 1771 wie folgt steht:
„Sag deinem Hauptmann: vor Kayserliche Majestät
habe ich, wie immer, schuldigen Respekt. Er aber,
sag's ihm, kan mich im Arsch lecken!“.
Ein Zitat, dessen Volkstümlichkeit nicht zu wünschen übrig läßt, von dem angeblich sogar eine Gerichtsentscheidung existieren solle, nach der das Zitat in vielen Gegenden Deutschlands ohne jeden beleidigenden Sinn üblich sei, um Überraschungen auszudrücken, um ein Gespräch zu beenden oder um einem Gespräch eine andere Wendung zu geben.
Der Markenkünstler Günter Jacki, Stuttgart, gestaltete im Auftrag der Deutschen Bundespost dieses Sonderpostwertzeichen sowie den Postsonderstempel und exklusiv für die Kunden der Firma Hermann E. Sieger den Sonderumschlag.
+Land: | Bundesrepublik Deutschland |
Typ: | Ersttagsbrief |